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Aufgabenmanagement im Verband (Teil 2)

Wer erinnert Sie daran, den Kollegen in Berlin anzurufen? Das Protokoll der letzten Fachsitzung zu schreiben? An Ihren Hochzeitstag? Der Wissensmanager von heute braucht entweder ein phänomenales Gedächtnis (unwahrscheinlich), eine gute Sekretärin (sehr unwahrscheinlich) oder eine To-Do-Liste. Ein einfaches Notizbuch tut es hier (siehe dazu Teil 4 dieser Serie), aber es geht auch viel ausgefeilter. Für alle, die mehr als eine, einfache, Liste führen wollen, hier ein schneller Überblick über die wesentlichen Konzepte.

Getting Things Done®: Der Gold-Standard

Der Quasi-Standard der modernen To-Do-Listen ist das GTD®-System von David Allen. Getting Things Done® (GTD®) ist eine Selbstmanagement-Methode, die effizientes und belastungsfreies Arbeiten ermöglichen soll. Sie strebt an, den gesamten Alltag vor allem mit kontextbezogenen Aufgabenlisten zu erfassen. Dabei handelt es idealtypisch um Listen wie »Telefon«, »Büro«, »zu Hause«, »Einkäufen«, »Lesen« usw. Grundlage der Theorie hinter GTD® ist, dass ähnliche Aufgaben für maximale Effektivität gruppiert abgearbeitet werden sollten. (Aus der BWL kennt man das als Minimierung der »Rüstzeiten«.) Alle Tätigkeiten, die je erledigt werden sollen, werden zunächst in einer Eingangsliste (»Inbox«) gesammelt und später in eine der entsprechenden kontextbezogenen Listen verschoben. Dabei werden alle Tätigkeiten in möglichst kleine einzeln abzuarbeitende »Schritte« zerlegt. Aus der Zusammenfassung zugehöriger Schritte entstehen Projekte. Für jedes Projekt bzw. in jedem Kontext ist so immer der nächste Schritt klar definiert. Projekte können auf diese Weise stetig vorwärts getrieben werden. Was nicht klar zuzuordnen ist, kann immer noch in einer Liste »irgendwann« gesammelt werden. Alle Listen werden mindestens einmal wöchentlich durchgesehen und gesäubert bzw. ergänzt.

GTD® funktioniert grundsätzlich mit Papier und Bleistift, z. B. mit einem Notizbuch, Hipster PDA oder Karteikarten. Da es jedoch oft sinnvoll ist, eine Aufgabe oder nächsten Schritt in mehreren Projekten oder Kontextlisten zu führen (und überall gleichzeitig zu streichen, wenn erledigt), bietet sich die Verwendung spezialisierter Apps an. Einen Überblick zu geben, würde hier leider den Rahmen sprengen. Im Zweifel empfiehlt sich, in den einschlägigen App-Stores einfach nach »GTD« zu suchen. Der deutsche Wikipedia-Artikel zu GTD® gibt zudem einen sehr guten Überblick und einige Anleitungen.

Die Komplexität von GTD® ist zugleich seine Stärke und Schwäche. Es ist durchaus möglich, sich in den vielen Listen buchstäblich zu verzetteln. Es kann ermüdend sein, jegliche Handlung en détail vorzuplanen und abzuarbeiten, besonders, wenn jede erledigte Aufgabe quasi automatisch eine Folgeaufgabe nach sich zieht. Außerdem verliert man leicht den Überblick über Prioritäten: An welcher Liste arbeite ich denn nun als erstes? Welches Projekt kommt dran? Die Verbindung zum Kalender ist eine weitere Achillesferse, denn zeitlich terminierte Aufgabe sollen in einem eigenen Kalender getrennt verwaltet werden. Schließlich gibt es keine empirischen Studien, durch die die Wirksamkeit der Methode nachgewiesen worden wäre. Es bleibt also vermutlich dabei, dass es keine allgemeingültige Methode gibt, sondern sich jeder die Methode suchen muss, die zu ihm passt. Eine alternative To-Do-Listen-Verwaltung, die mit nur drei Listen auskommt, wird daher als nächstes beschrieben. Es ist praktisch der Gegenpol zu GTD: Viel einfacher geht es nicht.

The One-Minute-To-Do-List

Die Eine-Minute-Liste besteht eigentlich aus drei Listen; das war’s dann aber wirklich. Micheal Linnenberger, mehr Praktiker und erfahrener Manager als Theoretiker, erläutert sein System so: Es komme vor allem darauf an, die Prioritäten des jeweiligen Tages zu kennen – und abzuarbeiten. Als Prioritäten lässt er nur die Aufgaben zu, die »heute« unbedingt erledigt werden müssen. Die wichtigste To-Do-Liste heisst daher passenderweise »Critical Today« und enthält am besten nicht mehr als fünf Aufgaben, eben die wenigen wirklich wichtige Dinge des Tages. Für diejenigen, die nach deren Abarbeitung noch Zeit übrig haben und nicht in dem Bewusstsein, das Tagwerk vollbracht zu haben, zum Golfplatz aufbrechen, gibt es bei Linnenberger eine zweite Liste, »Opportunity Today«, für alle möglichen aber nicht zwingenden Aufgaben. Diese Liste sollte nicht mehr als 10 Einträge enthalten und innerhalb einer Woche abgearbeitet sein. Schließlich gibt es eine dritte Liste »Over the Horizon«, die alle Ideen, zukünftigen Projekte und dergleichen aufnimmt. Wie bei David Allen lebt das System davon, täglich und wöchentlich durchgesehen zu werden, aber weil man es mit nur drei Listen zu tun hat, braucht man tatsächlich nur eine Minute dazu.

Die Fokussierung auf die wichtigsten Aufgabe bzw. die Gruppierung in – wenn man so will – A-, B-, und C-Aufgaben ist eine Stärke des Systems. Das Problem ist, dass die »Over the Horizon«-Liste schnell endlos lang und unübersichtlich wird. Man lässt sie am besten gleich ganz weg und notiert sich seine Projektideen woanders. Die »Critical-Today«-Aufgaben, die ja an den jeweiligen Tag gebunden sind, können wiederum auch gleich in den Kalender eingetragen werden. Damit reduziert sich das System auf eine einzelne To-Do-Liste, die eine Halbwertszeit von ca. einer Woche hat. Das ist nicht schlecht, und tatsächlich schlägt Leo Babauta in Zen To Done genau das vor, aber revolutionär ist es am Ende auch nicht.

Fazit

To-Do-Listen zu führen ist sicher keine schlechte Idee, aber sollte nicht zum Selbstzweck werden. Das Aufschreiben der zu erledigenden Dinge bringt nur etwas, wenn sie in eine nützliche logische Ordnung gebracht werden und die Erledigung vereinfachen: Sei es durch Gruppierung ähnlicher Aufgaben oder durch Zusammenfassung in zeitlichen oder örtlichen Kontexten; sei es durch Priorisierung und Fokussierung auf das wesentliche des Tages. Egal, welches System man wählt: Eine gute Regel ist, die Zahl der Listen, die man führt, möglichst gering zu halten. Der Sinn von To-Do-Listen ist ja, nicht alle Einzelheiten ständig im Kopf behalten zu müssen – man muss sich aber wenigstens daran erinnern, welche Listen man hat. Und man muss diese Listen regelmäßig, am besten täglich durchsehen. Sind es zu viele, macht das keinen Spaß mehr, und das wäre effektiv nicht effektiv.

PS: Jeff Atwood hält jeden, der die drei Dinge nicht im Kopf behalten kann, die am Tag zu erledigen sind, für nutzlos. Eine kleine Liste, warum To-Do-Listen nichts bringen, findet sich daher hier.