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Der SPD-Bundesparteitag 2015

Warum tut sich eine Partei so etwas, warum tun Parteitagsdelegierte so etwas Ihrem Vorsitzenden an? Wer am letzten Freitag aus dem CityCube in Berlin in den kalten, unfreundlichen Dezembernachmittag trat, der musste sich zwangsläufig diese Frage stellen. Kurz zuvor hatten knapp 75 Prozent der Anwesenden ihre Stimme dem neuen und alten Vorsitzenden gegeben. 25 Prozent hatte ihm ihre Stimme verweigert.

Gabriels Liebe zur Partei

Jeder hätte Sigmar Gabriel verstanden, wenn er die Brocken hingeworfen und seiner SPD den Rücken gekehrt hätte. Wie zu hören war, hat er kurz über diese Option nachgedacht. Doch dann siegten die Vernunft und die Liebe zur Partei.

Gabriel wertet dieses Ergebnis als die Bestätigung seines Kurses – und er tut gut daran. Das schlechte Ergebnis war nicht organisiert – weder von den Linken um Ralf Stegner und Andrea Nahles, noch von den Jusos, aus Rache für die harten Worte und die klare verbale Zurechtweisung ihrer Vorsitzenden durch Gabriel. 25 Prozent der Delegierten träumen einen linken, allerdings weder auf dem Parteitag, noch in der Bevölkerung durchsetzbaren Traum. Dieser, besonders in den letzten zwei Bundestagswahlkämpfen deutlich gewordenen Verlierer-Politik, erteilte Gabriel eine Absage. Er will, auch wenn die Chancen 2017 schlecht stehen, gewinnen und Politik aus dem Kanzleramt machen. Er will die SPD dahin bringen, wo sie noch Stimmen holen kann und damit rauskommen aus dem 25-Prozent-Tal, in dem sie sich zurzeit befindet.

Aber 25 Prozent wollen das nicht! Für sie ist Gabriel zuviel Regierungsmann und zu wenig SPD. Und weil sie dies nicht wollen, beschädigen sie aus ideologischen Gründen, ihren Vorsitzenden und Vize-Kanzler. Spätestens Stunden danach muss ihnen bewusst geworden sein (man wünscht es sich immerhin) was sie mit ihrem Nein angerichtet haben.

Der Blues setzte schon beim Lesen der Berichterstattung in den Online-Ausgaben von Spiegel, FAZ und Co ein. So titelte Spiegel online zwischenzeitlich: »SPD nominiert Merkel zur Kanzlerkandidatin«. Und so langsam schlich sich die Erkenntnis ein, was sie mit ihrem Nein zum Parteivorsitzenden angerichtet hatten. Ein Vertreter des Seeheimer Kreises brachte es auf den Punkt als er sagte: »Eine Partei, die so mit ihrem Vorsitzenden umgeht, darf sich nicht wundern, wenn sie nicht gewählt wird!«

Denn sie wissen, was sie tun

Aber was treibt die SPD dazu, diejenigen, die an der Spitze stehen, derartig zu düpieren und abzustrafen? Wissen sie nicht was sie tun? Oder ist ihnen Ideologie wichtiger als die Gestaltungsfähigkeit in der Politik? Oder ist es einfach nur die Lust am Untergang? Darin ist die SPD schon immer gut gewesen, im Demontieren des eigenen Spitzenpersonals. Sicher, der Berliner Parteitag ist die letzten Gelegenheit gewesen, dem Parteichef eins auszuwischen. Aber welches Argument wollen denn die Gegner Gabriele bringen, wenn im März bei den Landtagswahlen die eine oder andere Staatskanzlei verloren geht? Sie selber haben doch durch ihr Abstimmungsverhalten dazu beigetragen, dass das Vertrauen in den Vorsitzenden erschüttert worden ist, sie selber haben die Überschriften verursacht, die das schlechte Ergebnis mit Spott und Hohn kommentiert haben. Und sie müssen sich fragen, ob ein Parteivorsitzender mit dieser mangelnden Rückdeckung die Partei erfolgreich im Bundestagswahlkampf führen kann.

Wie die Demontage eines SPD-Spitzenkandidaten aussieht, haben die Sozialdemokraten ja bereits 2013 mit Peer Steinbrück eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ergebnis ist bekannt. Aber vielleicht ist das ja das Programm der 25-Prozent-SPD!