© Mike Wilson

»Man-Powder«

Servicewüste Deutschland – Gute Leistungen sind nur mit einem ausreichenden Mitarbeiterstamm zu erzielen. An dieser falschen Stelle wird leider allzu oft gespart.

Kürzlich in einem Tagungshotel am Düsseldorfer Flughafen: Beim Frühstück gab es keinen sauberen Tisch, beim Mittagessen fehlten die Löffel – und sogar der ganze Hauptgang, in der Sauna war die Getränkebar nicht besetzt, und an der Rezeption lange Schlangen. Luxusprobleme?

In den dort abgehaltenen Sitzungen bot sich im Prinzip dasselbe Bild: Die Sitzungsprotokolle waren nicht pünktlich, die Präsentationen unvollständig, Projekte hatten sich kaum weiterentwickelt. Diagnose: Zu wenig Man Power (oder Man-Powder, wie ein ehemaliger Kollege von mir gerne sagte).

Hotels und Verbände sind klassische Beispiele für Dienstleistungsunternehmen. Ihre Leistungen werden typischerweise direkt und vor Ort erbracht, meist »am Kunden« und sie sind auch nur selten vom Leistungserbringer selbst zu trennen. Sicher, sauberes Besteck kann man vorhalten und Protokolle rechtzeitig schreiben, aber diese »Lagerhaltung« von Dienstleistungen ist begrenzt.

Gute Leistungen sind daher nur mit einem ausreichenden Mitarbeiterstamm zu erzielen. An dieser falschen Stelle wird leider allzu oft gespart. Denn bei Personalabbau steigt die Produktivität zunächst, bei sinkenden Kosten. Ein Grund ist, dass Unternehmen sinnvollerweise zunächst auf die am wenigsten produktiven Mitarbeiter oder Tätigkeiten verzichten – der Rest wird schon allein dadurch im Durchschnitt produktiver. Zudem kann die Wahrnehmung einer sinkenden Arbeitsplatzsicherheit zunächst die Anstrengungsbereitschaft der verbleibenden Kollegen erhöhen. Soweit das Lehrbuch.

Das Ziel eines Verbandes ist nun aber nicht die Maximierung der Durchschnittsproduktivität seiner Mitarbeiter, sondern die Maximierung seiner Leistungen für die Mitglieder. Die oft langfristig stabile und konstante Finanzierung von Verbänden erleichtert die ökonomische Entscheidung über den Personaleinsatz: Solange das Budget ausreicht, sollten (möglichst fähige) zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt werden. Die Produktivitätsreserven des arbeitssparenden technischen Fortschritts (sprich: Microsoft Word) sind ausgereizt. In der Dienstleistungsbranche ist Man Power nur durch Man Power zu ersetzen.