Mit freundlicher Genehmigung des VDZ

Publishers’ Summit

Können Verleger auch spontane, kreative Unternehmer sein? Mit dieser und anderen Fragen befassten sich über 400 Verleger auf dem diesjährigen Publishers’ Summit in Berlin.

Hubert Burda: New spirit in magazines

Können Verleger auch spontane, kreative Unternehmer sein? Mit einem deutlichen Ja wurde das auf dem diesjährigen Publishers’ Summit in Berlin beantwortet. Der Verband hatte gleich nach der Streikankündigung der Lokführer einen Bus-Shuttle für seiner Hamburger Mitglieder nach Berlin organisiert.

Über 400 Verleger auf dem diesjährigen Publishers’ Summit in Berlin

Unter dem Motto »Inhalt, Relevanz, Vertrauen« trafen sich rund 400 Verleger, Journalisten und Vertreter aus Wirtschaft und Politik im Berlin Congress Center am Alexander Platz. Und dass die durchaus mehr Selbstvertrauen an den Tag legen könnten, dafür sorgte VDZ-Präsident Prof. Dr. Hubert Burda in seiner Verleger-Keynote gleich zu Beginn. Seine zwei wichtigsten Botschaften: es gibt einen weltweiten »new spirit in magazines« und die besten Zeitschriften kommen aus Deutschland! Burda: »Die Faszination für Zeitschriften ist ungebrochen.« Der Beweis sind 111 neue Magazin-Titel auf dem deutschen Markt. Printmedien, so der VDZ-Präsident, schaffen Veränderungen in der Gesellschaft. Seine Mahnung: »Lassen Sie sich nicht einreden, dass Magazine keine Zukunft haben in der digitalisierten Medienwelt!«

Zuvor hatte VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer den Publishers Summit 2014 in Berlin offiziell eröffnet. Kurz vor dem Wochenende, an dem sich der Mauerfall zum 25. Mal jährt stand die Bedeutung des Journalismus in der digitalen Medienwelt im Vordergrund.Scherzer forderte die Unterstützung der Politik: »Wir brauchen keine Almosen, wir brauchen gerechte ordnungspolitische Rahmenbedingungen. Hier ist die Politik gefordert.«

Der Hauptgeschäftsführer betonte, dass die Reichweiten der Zeitschriften durch Internet -und App-Nutzung so hoch seine wie nie zuvor. Neun von zehn Menschen in Deutschland, die älter sind als 14 Jahre, lesen gedruckte Zeitschriften und geben dafür monatlich 270 Millionen Euro aus.

Die Forderung nach ordnungspolitischen Rahmenbedingungen nahm Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, auf. Scholz: »Angesichts der Geschwindigkeit der Veränderungen hat es wenig Sinn, mit aufwendig normierenden Gesetzen und Staatsverträgen immer wieder strukturell zu spät zu kommen!« Scholz mahnte: »Eine neue Medienordnung darf unsere Pressefreiheit nicht zur Disposition stellen. Wir sind nicht gut beraten, wenn wir uns vom Bild des mündigen Bürgers verabschieden!« Eine Steilvorlage für den neuen EU-Digitalkommissar Günther Oettinger lieferte Scholz mit seiner Ankündigung, den ungleichen Mehrwertsteuersatz für gedruckte Zeitschriften (sieben Prozent) und für die digitalen Ausgaben (19 Prozent) nach unten anzupassen.

Oettinger nahm den Ball gerne auf und erklärte: »Wenn die Menschen nicht mehr überwiegend Papier in die Hand nehmen, um sich zu informieren und zu bilden, sondern digital lesen, verändert das ja nicht die Inhalte!« Das sei Grund genug, den Mehrwertsteuersatz für digitale Produkte auf sieben Prozent zu korrigieren.Aber Oettinger ging in seiner Rede »View from the top« noch einen deutlichen Schritt weiter. Der CDU-Politiker sprach sich deutlich für ein europaweites Leistungsschutzrecht aus. Der EU-Kommissar forderte in seiner Rede, dass der Datenschutz global gelten müsse. »Wir können Daten nicht in 28 nationalen Silos schützen.« Und weil das so ist, benötigen wir eine Datenschutz-Grundverordnung. Die USA zeigen, dass sie ein digitaler Binnenmarkt seien. Seine Warnung: Im Zeitalter der Digitalisierung seien separate nationale Datenschutzregeln wertlos, wenn sich globale Player in Ländern mit den schwächsten Regeln oder der inkonsequentesten Verfolgung niederlassen würden. Zu einem fairen Wettbewerb gehört nach Oettinger unter anderem aber auch eine globale, gerechte Besteuerung. »Wenn Erträge, die hier in Europa erwirtschaftet werden, aus der EU weggebracht werden, um sie dorthin zu transferieren, wo man auf Erträge keine oder nur sehr geringe Steuern zahlen muss, dann kann das nicht im Sinne eines fairen Wettbewerbs sein!«

Prof. Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, stellte die neue Studie »Wert und Relevanz von Print« vor. Dabei übte sie Kritik an der Abkehr der werbetreibenden Wirtschaft von Print, da die Leistungsdaten dies nicht rechtfertigten. Die Gattung Zeitschriften werde unter Wert gehandelt; es sei schwer, Indizien zu finden, dass sich die Leser massiv von Medien abwendeten. Gleichwohl werden Innovationen immer wichtiger, ein flexibles Management der Angebotspalette ebenso.

Am zweiten Konferenztag verband VDZ-Präsident Prof. Dr. Hubert Burda einen Rückblick auf den Vortag mit einem Überblick zu aktuellen medienpolitischen Themen. Die unaufhaltsame digitale Transformation erfordere politische Weichenstellungen, so VDZ-Präsident Burda. Zum Beispiel beim Datenschutzrecht, das heute »das Grundgesetz für jedes Geschäftsmodell ist, sei es analog oder digital«. Vor dem Hintergrund der geplanten europäischen Datenschutznovelle betonte Burda, dass das neue Recht Chancengleichheit im Wettbewerb schaffen müsse: »Ein einheitlicher Rechtsrahmen, der für alle Unternehmen gilt, die auf europäischen Märkten agieren, ist überfällig.« Auch an die deutsche Politikspitze wandte sich der Verleger: Er vertraue darauf, dass die Bundesregierung nach wie vor zu ihrer Auffassung stehe, dass Werbeverbote und -beschränkungen ein Angriff auf Vielfalt und Qualität der Presse seien. »Jeder Richtungswechsel in dieser Sache wäre ein Irrweg«, so Burda mit Blick auf drohende Werbebeschränkungen im Finanzbereich und an die Adresse des anwesenden Bundesinnenministers Dr. Thomas de Maizière. Zudem betonte Burda die Notwendigkeit starker Urheber- und Leistungsschutzrechte, die entscheidende Bedeutung für die Finanzierung der Presse hätten.

Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hob in seiner Rede die Bedeutung der Pressefreiheit und die Rolle der Medien beim Berliner Mauerfall vor 25 Jahren hervor. Ohne die Pressekonferenz Schabowskis und der medialen Verbreitung der neuen Bestimmungen zur Reisefreiheit hätte sich vieles vielleicht so nicht ereignet.

Zur europäischen Datenschutzgrundverordnung nannte de Maizière drei entscheidende Faktoren, die beim weiteren Gesetzgebungsprozess berücksichtigt werden müssten: Die bestehenden verpflichtenden Ausnahmen von Datenschutzrecht und Datenschutzaufsicht für die journalistische Datenverarbeitung sollten in der neuen EU-Verordnung erhalten bleiben.

Zudem müssten sich Verlage anständig refinanzieren können und dazu zähle beispielsweise auch, dass deren Direktmarketingaktivitäten wie beim Fachpressevertrieb weiterhin möglich sein müssten. Außerdem sollten Schlupflöcher verhindert werden, die außereuropäischen Unternehmen, die ihren Sitz in Irland nehmen, Vorteile verschafften. Ein Level-Playing-Field im Datenschutzrecht sei in diesem Sinne erforderlich, so dass sich jeder Anbieter gleichen Regeln unterwerfen müsse.

Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, ging in seinem Vortrag über die »Automobilbranche im Wandel« auch auf Parallelen zum Geschäft der Zeitschriftenverleger ein. Beide Branchen stünden vor großen Herausforderungen, zu denen vor allem auch neue Vertriebswege zählten. »Diese sind erforderlich, um die Menschen in ihrer Lebenswelt zu erreichen und mit der Marke in Kontakt bringen«, so Zetsche. Die Automobilbranche werde sich dem Thema »Autonomes Fahren« mit hoher Intensität widmen, da dies für ihre Geschäftsmodell die gleiche Revolution bedeute wie die Erfindung des Smartphones für die Medienbranche.

Mit Esprit und Witz erläuterte der Arzt und Autor Dr. Eckard von Hirschhausen, warum er gerne das Ehrenamt eines Lesebotschafters für die Stiftung Lesen angenommen habe: »Jeder Euro, den wir in die Leseförderung stecken, kommt für die Gesellschaft 25-fach zurück.« Dass es immer noch 7,5 Millionen Analphabeten in Deutschland gebe, sei ein verbesserungswürdiger Zustand; schließlich handele es sich dabei auch um potenzielle Leser von Zeitschriften. Man sollte allerdings dabei nicht den Fehler der Jugendzeitschrift »Bravo« machen. »40 Jahre hat die Bravo Verhütungstipps gegeben und wundert sich heute, dass sie keine Leser mehr hat!«

Am Abend zuvor hatten die Verlegerverband die Goldene Victoria verliehen. Die Präsidenten der baltischen Staaten Dalia Grybauskaite, Toomas Hendrik Ilves und Lettlands, Andris Bērziņš, der Internet-Unternehmer Ralph Dommermuth und Altbundespräsident Roman Herzog wurden im Rahmen der Publishers’ Night in Berlin mit der »Goldenen Victoria« ausgezeichnet.

Die deutschen Zeitschriftenverleger würdigten mit der besonderen Auszeichnung »Europäer des Jahres« die Leistungen der drei baltischen Staaten sowie das friedvolle und europagerichtete Engagement der Völker beim Beschreiten des »baltischen Weges«. So sind die gewaltfreien Proteste der Esten, Letten und Litauer gegen die Okkupation, für Unabhängigkeit und Freiheit auch heute noch ein Vorbild für ganz Europa. Ralph Dommermuth wurde als »Unternehmer des Jahres« für seinen mit Einsatz und Weitsicht vorangetriebenen Auf- und Ausbau von United Internet (web.de; vmx und 1&1) ausgezeichnet.

Ein weiterer Höhepunkt war die Verleihung der »Goldenen Victoria für das Lebenswerk« an den ehemaligen Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog. Mit der Auszeichnung würdigte der VDZ Herzogs herausragende Leistungen für Staat, Gesellschaft, Demokratie und Wirtschaft. »Roman Herzog hat den Menschen Demokratie vermittelt, weit über seine Amtszeit als Bundespräsident hinaus. Er ist ein entschlossener Kämpfer für die Freiheit und damit für ein Gut, das mit Blick auf die deutsche Geschichte, aber auch vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage stets aufs Neue verteidigt werden muss«, so VDZ-Präsident Prof. Hubert Burda im Vorfeld der Veranstaltung.