© Jeff Sheldon]

Rechts rein, links raus

Kürzlich war ich erneut Gast eines großen Wirtschaftsverbandes, der seine Jahrestagung in Berlin beging. Nach der internen Mitgliederversammlung am Vormittag und vor dem großen Empfang am Abend bestand die Tagung hauptsächlich in einer vierstündigen Tortur, genannt Vortragsveranstaltung.

Rund 400 geladene Gäste hatten das exklusive Vergnügen, nacheinander einem Bundesminister, einem ehemaligen Ministerpräsidenten eines großen Bundeslandes, dem Bundesbankpräsidenten und dem Herausforderer der Bundeskanzlerin zu lauschen. Großes Kino also.

Aber leider leichte Muse und Überlänge. Sonntagsreden.

Denn erstens gab es erwartungsgemäß wenig Kontroverses. Im Tenor sprachen die Politiker davon, dass der Staat sich zurücknehmen und der Wirtschaft mehr überlassen müsse. Und der Banker sprach wie aus dem Lehrbuch über die Geldwertstabilität und die Unabhängigkeit der Notenbanken. Einig waren sich alle, dass es ingesamt mehr Vertrauen brauche.

Aber was will man auch erwarten, wenn Politiker von der Wirtschaft eingeladen werden? Dementsprechend gab es natürlich auch keine Diskussion — weder im Anschluss an die Vorträge, noch wirklich später beim Empfang. Da waren die Kontakte untereinander schon wieder wichtiger als die Festreden.

Warum tun sich Verbände dies eigentlich an? Könnte man nicht spannende Streitgespräche inszenieren? Echte Querdenker einladen? Diskussionen ermöglichen? Wäre das eine Gefahr für den einladenden Verband? Ich vermute, man glaubt, dass man mit den gewonnenen Rednern identifiziert werde. Schade, so bewegt man sich nur weiter in der eigenen Bubble.