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Softwarelösungen für die Verbandsverwaltung

Gibt es die »eierlegende Wollmilchsau«? Kann eine einzelne Softwarelösung helfen, Verbände besser zu organisieren und zu führen? Ein Marktüberblick und ein Plädoyer für einfache Lösungen.

Nach bereits einigen Ausflügen ins Dokumentenmanagement bringt dieser Text einige aktuelle Beispiele für Softwarelösungen für Verbände – nach Möglichkeit kostenfrei. Diese Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Relevanz oder Vollständigkeit. Ausgehend von den genannten Beispielen sucht man am besten eigene Alternativen. Eine guter Ansatz ist die Website http://alternativeto.net.

Dokumentenmanagement

Vorab ein Spoiler: Eine Empfehlung für ein DMS kann hier nicht gegeben werden. Mehr als die Darstellung einiger Kriterien ist nicht drin.

Die Gesamtheit der Einrichtungen, Geräte, Pläne und Regelungen (Institutionen) im Verband könnte man als Dokumentenmanagementsystem im weiteren Sinne bezeichnen.

Das zentrale Dokumentenarchiv hingegen und die Software zu seiner Verwaltung bezeichnen wir als Dokumentenmanagementsystem im engeren Sinn (DMS).

Grundsätzlich verfügt jeder Verband bereits über ein – recht funktionales – Dokumentenmanagementsystem, nämlich das Dateisystem im internen Netzwerk.

Reicht das schon aus? Manche Anforderungen lassen sich nicht oder nicht so einfach mit Bordmitteln umsetzen. Daher gibt es spezialisierte Lösungen.

Ein Überblick kann hier nicht gegeben werden, da die praktische Erfahrung fehlt. Denn DMS sind komplex und müssen auf den jeweiligen Verband angepasst werden. Diese Leistungsfähigkeit ist teuer. Einen Überblick gab es in einer früheren Ausgabe des Verbändereports. Es gab sogar einmal eine eigene Messe – die DMS Expo. Im eigenen Verband angesehen hat sich der Autor nur kurz ein System von XEROX, das insbesondere auf die Einbindung der geleasten Multifunktionsgeräte (Drucker, Scanner, Fax) setzte.

Abgrenzung zu anderen Managementsystemen

Ein DMS kann Elemente der folgenden weiteren Managementsysteme haben – vor allem auch des Wissensmanagements. Zum besseren Verständnis wollen wir diese Systeme jedoch hier abgrenzen.

Wissensmanagement

In einem Dokumentenmanagementsystem ist die kleinste Organisationseinheit das Dokument – die Datei. Dokumente werden in ihm in eine sinnvolle Ordnung gebracht.

Davon unterscheidet sich das Wissensmanagement. Das typische Beispiel sind Wikis. In Verbänden könnte ein Wiki nach Themen geordnete Notizen, Vermerke, Listen, Statistiken und letztlich auch verlinkte Dokumente aufnehmen.

Eine mögliche Softwarelösung ist das selbst gehostete DokuWiki. Wikis ersetzen das Dateisystem. Ihr Schwerpunkt liegt daher auch weniger darin, erhaltene Dokumente zu archivieren als vielmehr selbst erstellte Dokumente zu verwalten.

Eine Alternative ist die Software OneNote von Microsoft, in der alle Arten von Informationen (z. B. interne Vermerke, Tabellen, Zeichnungen usw.) zusammen mit den zugehörigen Dokumenten (z. B. PDFS, Bildern) abgelegt werden können.

Nach dem gleichen Prinzip verfährt die Wissensdatenbank Evernote, die ihre Daten (in hierarchischen “Notizen”) online vorhält, aber auch lokal synchronisiert werden kann.

Projektmanagement

Blickt man auf das Wissen und die Dokumente im Verband aus dem Blickwinkel des Projekts, so ist der Einsatz einer spezialisierten Software denkbar, die Instrumente zur Projektsteuerung bereithält – etwa Gannt-Diagramme, To-Do-Listen, Flußdiagramme usw. – und dabei die kontextbezogene Speicherung von Dokumenten ermöglicht.

Ein Beispiel ist Pagico, ein weiteres Tom’s Planner.

Die projektbezogene Dokumentenablage ist jedoch auch mit Bordmitteln möglich. Einige Anregungen dazu bietet etwa das Buch Projektablage (Jan Fischbach, Wolf Steinbrecher: Projektablage: Wie aus einer lästigen Pflicht eine mächtige Plattform für Zusammenarbeit wird, Amazon, 2014).

Task Management

Sozusagen »unterhalb« des Projektmanagements gibt es das Aufgabenmanagement. Es kann sinnvoll sein, verbandsweite To-Do-Listen zu führen. Ein Beispiel ist das kürzlich von Microsoft gekaufte – kostenfreie – Wunderlist.

Alternativ ist der Einsatz von Kanban-Boards möglich, s. z. B. Trello.

Nur die wenigsten dieser Programme ermöglichen es jedoch sinnvoll, Dokumente zu den Aufgaben zu speichern.

Kollaboration

Die gerade genannten Lösungen basieren auf dem Gedanken, gemeinsam in einem Team auf Aufgabenlisten und Dokumente zuzugreifen, und sind deshalb online gehostet.

Es gibt eine Unzahl von SAAS-Lösungen für die Zusammenarbeit. Eines der ersten war Basecamp, ein erprobtes System ist Samepage. Wem es hauptsächlich auf die Kommunikation im Team ankommt, der kann Slack probieren.

Diese Systeme sind meist Mischungen aus Systemen für das Wissensmanagement, Projektmanagement und Aufgabenmanagement. In mache lassen sich externe Dokumente ganz gut einbinden, als Ersatz für ein richtiges Archiv eignet sich aber keines.

Problematisch ist vor allem, dass man die Daten dort nicht wieder herausbekommt. Die Systeme sind alle in den USA gehostet, es gibt also auch noch ein potentielles Datenschutzproblem. Und man weiss auch nicht, wie lange diese Services am Markt sein werden – auch wenn die genannten Beispiele zu den »Platzhirschen« gehören.

Customer Relations Management

Schließlich sei noch kurz auf das Thema CRM eingegangen. Wer heute ein Extranet im Einsatz hat, hat meist auch ein damit verbundenes Adress- und Kundenverwaltungssystem.

Ein optimales DMS

Theoretisch ist es möglich, ein System zu installieren, dass die Bereiche Extranet, Archiv und CRM verbindet. Dem BOGK sind mehrere solcher Systeme von deutschen Softwarehäusern angeboten worden. Sie wirken mächtig und komplex. Erfahrungen kann ich nicht mitteilen.

Stattdessen soll hier eine Hilfestellung gegeben werden, wie man das bereits vorhandene DMS – das Dateisystem – besser nutzen kann.

Denn die meisten Verbände werden heute Client/Server-Architekturen einsetzen, bei denen die Mitarbeiter auf gemeinsam genutzte Ordner und Dokumente zugreifen können, die auf einem Server zentral zur Verfügung gestellt werden. Ist der Server von außen erreichbar, braucht man eigentlich nur noch einen guten Aktenplan.

E-Mail und Ablage

Doch vorab eine Warnung. Wir haben bisher bewusst nur über elektronische Dokumente gesprochen. Wir nehmen an, dass der Übergang von Papier zu Bits und Bytes oder das geordnete Nebeneinander der beiden Medien gelöst ist.

Die tückischsten elektronischen Dokumente sind E-Mails (vgl. Das generelle Problem mit E-Mail. Um es kurz zu machen: E-Mail als Ablagesystem klappt nicht. Alles liegt nur als Anhang (meist ganz unten) in Mails vor. Die Suchfunktion des Mail-Clients berücksichtigt nicht den Inhalt von Anhängen. Die Sortierung der Ablage folgt der Logik der Mails, nicht der Logik der Anhänge. Versionierung ist nicht möglich, gemeinsamer Zugriff (meist) auch nicht.

Empfohlen sei daher dringend folgendes: E-Mail wird als reines Transportmittel im Rahmen der Kommunikation eingesetzt. E-Mail ist keine Sammelstelle für Stellungnahmen/Äußerungen (der Text der Mail) und erst recht kein Archiv für Dokumente (die Anhänge). Wichtige Mails bzw. deren Anhänge werden im Dokumentenarchiv – hier: unserem Dateisystem – abgelegt.

Die vier Probleme des Archivs

Im Umgang mit jedem Archiv stellen sich vier Aufgaben, die im folgenden näher problematisiert werden sollen. Ich versuche dann auch eine Einschätzung zu geben, wie weit man bei der Lösung mit Bordmitteln kommt, und welche externe Softwarelösung optimal wäre.

Ablegen

Im ersten Schritt müssen erhaltene Dokumente dem Archiv in sinnvoller Weise hinzugefügt werden.

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Grundprinzip ist selbstverständlich, dass Dokumente in geeigneter Form hierarchisch abgelegt gehören statt in einer großen ungeordneten Ablage. Ebenfalls klar ist, dass zusammen abgelegt werden soll, was zusammen gehört. Beides läuft auf die Ablage im »richtigen« Ordner hinaus: Unabhängig vom verwendeten System ist dies ein Fall für einen clever angelegten Aktenplan.

Ein häufiges Problem bei Archiven ist, dass Dokumente mehrmals hinzugefügt werden und so redundante Duplikate entstehen. Arbeitet man an einer Kopie weiter, bleiben die anderen unberührt. Es entstehen Inkonsistenzen.

Ein Dokumentenmanagementsystem muss daher zumindest schnell und einfach Duplikate auflösen und anzeigen können; im Idealfall warnt es bei dem Versuch, ein Duplikat zum Archiv hinzuzufügen.

Dies funktioniert bei den üblichen Dateisystemen nur sehr eingeschränkt: Dateien mit gleichem Namen im gleichen Ordner werden erkannt. Schwieriger ist es im Hinblick auf inhaltsgleiche Dateien verschiedenen Namens. Ohne Zusatzsoftware ist man hier bei den gängigen Dateisystemen verloren. Unter Mac OS X kann man anstelle des Finders Software wie etwa DEVONthink benutzen. Dieses ermöglicht die Auflösung (und Verwaltung von) Duplikaten.

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Andererseits kann es sinnvoll sein, ein Dokument mehrmals an verschiedener Stelle abzulegen (Duplikate verwalten), z. B. wenn es in mehreren Projekten benötigt wird oder in einem thematischen Kontext einerseits und als Sitzungsunterlage andererseits. Idealerweise arbeitet das Dokumentenmanagementsystem in diesem Fall intern nur mit einer Kopie der Datei und legt in den weiteren Kontexten lediglich Verweise darauf an.

Hierfür benötigt man keine Zusatzsoftware. Funktionen für eigens erstellte Duplikate (»Alias«, »Verweis«) bringen moderne Betriebssysteme mit.

Wiederfinden

Vor allem bei komplexen Archiven, die eine Vielzahl von Projekten und Gremien abbilden, kann das Wiederfinden eines Dokuments schwierig sein. Nicht unbedingt gibt es den einzigen sinnvollen Ablageort – teilweise ist dies gewollt (s. Thema Redundanz).

Abhilfe schafft möglichwerweise eine gute Suchfunktion. Die Suche in Windows oder Mac OS X erscheint oft fehleranfällig, umständlich und langsam. Sie lässt sich mit Zusatzsoftware “aufbohren”.

Alternativ kann man Dateien zusätzlich verschlagworten. Damit sind weitere Kontexte vorhanden, unter denen Dateien wiedergefunden werden können. In modernen Betriebssystemen ist das möglich, allerdings in der Praxis recht umständlich.

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Schließlich ist es denkbar, ausdrückliche Verbindungen zwischen Dokumenten herzustellen – Dokumente miteinander zu verlinken. Von einem gefundenen Dokument hangelt man sich so schnell zu allen passenden. In Wikis ist dies das herrschende Organisationsprizip. Im Dateisystem ist dies nicht ohne weiteres möglich.

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Unter Mac OS X gibt es mit de Software DEVONthink eine Lösung, die nicht nur eine recht einfache #Verschlagwortung erlaubt, sondern auch eine eingeschränkte Verlinkung von Dateien und eine wirklich intelligente Suche, bei der zu jeder Dateien auch die angezeigt werden, die das Programm für zugehörig hält. Die Erfolgsquote ist dabei angenehm hoch.

Zusammenarbeiten

Die Organisation eines persönlichen Wissens- oder Dokumentenspeichers ist entweder trivial – oder mit entsprechender Software leicht umzusetzen, z.B. mit Connected Text. Notwendig ist aber die Möglichkeit zur Zusammenarbeit.

Ein Dokumentenmanagementsystem soll zumindest ermöglichen, dass mehrere Personen das Archiv nutzen können.

Im Client-/Serversystem ist dies gegeben. Allerdings muss man bei den meisten Betriebssystemen aufpassen, dass nicht gleichzeitig zwei Personen schreibend auf eine Datei zugreifen.

Auch die automatische Speicherung verschiedener Versionen eines (einzeln oder gemeinsam bearbeiteten Dokuments) fehlt in der Regel. Auf Mac Clients ist es vorhanden, auf dem Server nicht. Hilfsweise kann man Dropbox in Betracht ziehen. Versionsmanagement ist mit einer geeigneten Konvention zur Dateibenennung aber auch relativ leicht »von Hand« möglich. Andererseits ist aber meist nicht notwendig, für jede Datei genau zu vermerken, wer wann welche Änderung vorgenommen hat.

Braucht man diese Funktion doch, dann empfiehlt sich ein kommerzielles DMS. In diesem Fall erhält man auch eine differenzierte Zugriffssteuerung. Denn dies ist genau das Herausstellungsmerkmal dezidierter kommerzieller CMS-Lösungen.

Schließlich ist die Möglichkeit einer mobilen Bearbeitung wünschenswert. Es ist ein relativ neues Phänomen, dass Dokumente nicht mehr nur noch »im Büro« verfügbar sein müssen. Früher hat man Sitzungsunterlagen ausgedruckt und mitgenommen. Dokumentenmanagement heute heisst, dass ein Zugriff aufs Archiv von unterwegs möglich sein muss.

Je nach Client-Server-Architektur gibt es hier eine Vielzahl technischer Lösungen, die sich vor allem darin unterscheiden, wo die Originaldateien physisch liegen. Das sollte möglichst der eigene, auf jeden Fall aber ein deutscher Server sein.

Veröffentlichen

Aus Sicht eines Verbandes kommen noch einige Anforderungen hinzu. Idealerweise möchte man nämlich das interne Archiv mit dem vorhandenen Extranet – oder am besten auch gleich mit der eigenen Website – verknüpfen. Das vermeidet vor allem die doppelte Ablage von Dokumenten.

Jeder Verband muss dies mit seinen Dienstleistern besprechen. Es wäre interessant, Rückmeldung aus der Praxis zu erhalten: Welche Systeme sind im Einsatz? Wie gut erfüllen sie die o. g. Kriterien? Wie gut sind sie mit Extranet und Website verbunden?

KISS

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Ein einheitliches Verbandsmanagementsystem gibt es nicht; ein einheitliches DMS mag installierbar sein.

Allerdings ist ein DMS aus der Vogelperspektive betrachtet nichts weiter die Summe aller Regeln im Umgang mit den internen Daten. Benutzt man ein gekauftes DMS, so sind diese Regeln in die Software »eingebacken«. Strickt man sich sein System selbst, so müssen diese Regeln selbst formuliert und kontrolliert werden. Es ist aber möglich, Dokumentenmanagement ohne große Abstriche mit »Bordmitteln« zu machen.

Die Verwendung des ohnehin vorhandenen Betriebssystems hat – neben dem Kostenaspekt – noch weitere Vorteile:

Das System ist sehr einfach. Allen Mitarbeitern ist es vertraut. Es wird als selbstverständlich akzeptiert. Viele Softwareinstallationen scheitern in der Praxis an der Ablehnung durch die Mitarbeiter. Das mag nur an unzureichender Schulung liegen; und auch beim DMS mit Bordmitteln muss geschult werden. Dennoch minimiert man das Risiko.

Auf der technischen Seite sind die eingebauten Dateisysteme ohnehin unschlagbar. Datenverlust und Bindung an einen Anbieter sind keine Themen. Die Einbindung in vorhandene Systeme (Extranet, Website) kann auf Standards aufsetzen. Und letztlich ist selbst ein Wechsel des zugrundeliegenden Betriebssystems in der Regel völlig unproblematisch.