Gurkenernte in Niederbayern

Wie man erfolgreiche Pressemitteilungen schreibt

Zwei parallele #Pressemitteilungen zum Ernteausfall aufgrund des Donau-Hochwassers. Eine lief, die andere nicht. Dieser Text gibt ein paar Hinweise, warum.

Gurken vs. Kartoffeln

Der Mai war nass, der Mai war kalt. Und dann kam auch noch das Hochwasser. Für die Bauern, die in den Hauptanbaugebieten gerade ihre Felder bestellt hatten, bedeutete das im besten Fall die Notwendigkeit zur Nachsaat, im schlimmsten Fall den Verlust der gesamten Ernte. So geschehen 2013 bei Kartoffeln und Gurken: Die Frühkartoffelernte – die normalerweise im Juni und Juli stattfindet – fiel komplett aus. Die Ernte von Einlegegurken – nach der die im Juni beginnende »Saure-Gurken-Zeit« benannt ist – verzögerte sich um drei Wochen und lässt einen Ernteausfall von gut einem Viertel der Gesamternte erwarten.

Für die Lebensmittelindustrie, die auf beide Rohstoffe angewiesen ist, nämlich für die Herstellung von Chips und Pommes einerseits und den sprichwörtlichen sauren Gurken andererseits, stellt sich die Situation vergleichbar dramatisch dar: Zum üblichen Beginn der Verarbeitungszeit im Juli ist keine Rohware vorhanden, die Bänder stehen still, Lieferverträge können nicht eingehalten werden, dabei laufen die Personalkosten weiter. Die Kalkulation gerät aus den Fugen, manche Unternehmen rechnen mit Verlusten bis hin zur Insolvenz.

In dieser Situation hat der gemeinsame Bundesverband der beiden Branchen, der BOGK, je zwei Pressemitteilungen herausgegeben, die auf die Situation für die Verarbeiter von Kartoffeln und Gurken aufmerksam machen sollten. Die Meldungen über Kartoffeln erhielten breite Aufmerksamkeit, sie schafften es sogar in die BILD-Zeitung. Für die Saure-Gurken-Meldungen hat sich abgesehen von einigen Branchenportalen niemand interessiert. Warum?

Warum liebt die BILD Kartoffeln?

Hier ein paar Vermutungen:

  • Kartoffeln isst jeder, Gurken nicht. Eine Meldung über ein Produkt, dass einerseits typisch deutsch ist, andererseit von fast jedem fast täglich gegessen wird, ist viel spannender als eine Meldung über ein »Nischenprodukt«.

  • Die Kartoffel-Meldungen waren jeweils etwas eher »draussen« als die Gurken-Meldungen. Zwar handelte es sich num um wenige Tage, aber dennoch: Wer druckt schon gern andauernd die gleiche Botschaft, nur für andere Produkte? Die Lebensmittel Zeitung nannte das einmal ablehnend »Wasserstandsmeldungen«.

  • Die Kartoffel-Meldungen waren kürzer. Ihr Sprache war einfacher – teilweise sehr einfach.

  • Die Gurken-Meldungen enthielten Grafiken. Was Aufmerksamkeit auf die Meldung lenken und diese näher erläutern sollte, erwies sich für viele Redakteure möglicherweise als weitere Steigerung der Komplexität und der Informationsmenge.

  • Die Kartoffel-Meldungen nannten ein Problem für den Verbraucher (»Steigende Preise«). Die Gurken-Meldungen beschrieben ein Problem für die Industrie.

  • Schließlich werden Kartoffeln auch en masse frisch vermarktet, und die Preise der Frischkartoffeln steigen noch schneller und spürbarer. Darauf weisen auch andere Marktteilnehmer hin (zum Beispiel der Bauernverband), was die Nachricht verstärkt.

Fazit

Meldungen haben Erfolg, wenn sie den Leser betreffen.

Gute Meldungen müssen interessant für breite Kreise sein, nicht nur für Fachpublikum. Der Niedergang einer ganzen Branche ist für den Zeitungsleser offenbar weniger interessant als die Vorstellung, für die Portion Pommes morgen ein paar Cent mehr bezahlen zu müssen.

Meldungen müssen einfach sein.

Einfache Sprache, einfache Botschaft. Geben Sie sich nicht so viel Mühe mit Formulierungen. Ergänzen Sie Ihre Meldungen nicht mit Grafiken, erst recht nicht, wenn diese über den Text hinausgehende Informationen enthalten oder viel Platz brauchen. Gute Meldungen sind kurz.

Meldungen müssen schnell sein.

Bei Pressemeldungen gilt: Lieber nicht noch einen Tag warten, bis das letzte Detail (schlimmer: die letzte Formulierung) abgestimmt ist. Je eher Sie veröffentlichen, umso besser. Noch ist die Nachricht heiß! Im Zweifel erhalten Sie einige telefonische Nachfragen von Journalisten. Hier können Sie den Text erläutern und klarstellen, Fakten ergänzen und O-Töne anbringen. Und wenn eine etwas »unsaubere« schnelle Meldung zigfach abgedruckt wird, ist das allgemein besser, als wenn eine »durchgestylte« Meldung kaum Beachtung findet. Oder?